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Der
„Verein Hubertus“
FÜR JAGD-UND SPORTSCHIESSEN E.V.
wird 90 Jahre alt – ein Porträt

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Das gesamte Porträt mit Bildern zum Download erhalten Sie hier…

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1. Gründungszeit
Im Mai 1924 trafen sich in der Gaststätte „Bauerngirgl“ eine Reihe honoriger Herren un-ter der Leitung von Staatsrat Mantel, um den Verein Hubertus zu gründen. In einem al-ten Dokument wird darauf verwiesen, dass das „jagdliche Schießen und insbesondere auch das Sportschießen in Bayern, im Gegensatz zu Norddeutschland, wo sich an vie-len Orten Einrichtungen für die genannten Zwecke befinden“, sehr vernachlässigt wer-de.
Die daraus resultierende Gründung des Vereins Hubertus „hat allgemein Anklang ge-funden. Denn die Mitgliederzahl ist von 30 Gründungsmitgliedern bereits auf über 200 fast ausschließlich den besseren Ständen angehörigen Mitgliedern angewachsen.“
Und in der Tat zeigt ein Blick in die damalige Mitgliederliste Berufe wie Fabrikant, Bank-direktor, Brauereibesitzer, Universitätsprofessor, Rentier, Kunsthändler, Arzt etc. Den Ehrenvorsitz hatte Graf von der Mühle Eckart. Gründungsmitglied war seinerzeit auch Josef Böck, der 1. Schützenmeister der Kgl. priv. Feuerschützengesellschaft „Der Bund“ München. Da der Verein Hubertus noch keine eigene Möglichkeit hatte, wurde vorerst „als Schießplatz die Schießstätte Allach der Kgl. priv. Feuerschützengesellschaft ‚Der Bund‘ gewählt“. Das Eröffnungsschießen fand dort am 29. Mai 1924, an Christi Himmel-fahrt, statt.
Geschossen wurde:

  • Stehender Bock 110 m
  • Laufender Hirsch 108 m
  • Laufender Hirsch 108 m
  • Ehrenscheibe 110 m
  • Tontauben-Schießen Cal. 16  10 m und Cal. 12  12 m
  • Pistole (Taschen-Pistole-Schnellfeuer) 15 m

In der Einladung steht weiter:
„Abends Familien-Unterhaltung mit Mai-Tanz. Zur Rückfahrt nach München wird gegen … (Anmerkung: im Dokument durchgestrichen) Uhr ein Extra-Zug bereit stehen. Jedes Mitglied hat die Ehrenpflicht unserer ersten Veranstaltung durch tatkräftiges Mitwirken zum vollen Erfolg zu verhelfen …“

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Und das war es wohl auch. Denn die vielfältigen Aktivitäten des Vereins Hubertus und die wachsende Mitgliederzahlen zeigten nach relativ kurzer Zeit, dass sich die Anlage des „Bundes“ schließlich für nicht ausreichend erwies. Es „musste die Erbauung einer eigenen Schießstätte in Angriff genommen werden. Dies war bei dem jungen Verein, der noch nicht über genügende Mittel verfügte, eine sehr schwierige Sache. Durch Op-ferwilligkeit der Mitglieder sowie durch Ausgabe von Anteilscheinen gelang es aber doch, den Bau fertig zu stellen. Bereits im Herbst 1925 konnte der Wurftaubenschieß-stand eröffnet und darnach die Meisterschaft von Bayern unter zahlreicher Beteiligung von nichtbayerischen Schützen ausgeschossen werden. Die Erbauung der übrigen Schießanlagen für laufendes Wild und sonstige Jagdstände konnte so rechtzeitig zu Ende geführt werden, dass gelegentlich der bayerischen Jägerwoche und der Jagdaus-stellung im Jahre 1926 das damalige große Jagdschießen des Bayer. Jägervereins auf der Schießstätte des „Hubertus“ abgehalten werden konnte. Die Schießstätte selbst steht auf einer im Erbbaurecht überlassenen Fläche am Eingang zum Forstenriederpark und bildet – abgesehen von der Wurftaubenanlage – einen massiven Bau mit 6 Stän-den für stehende und 4 Stände für laufende Scheiben. Ein weiterer 175 m Stand soll noch eingebaut werden.

Das Haus ist vollständig eingerichtet, hat 1 Gast- und Beratungszimmer, 1 Küche und Zielerwohnung. Es darf wohl behauptet werden, dass die Schießstätte zu den schöns-ten in ganz Deutschland zählt.“
Soweit ein alter Bericht aus den Gründungsjahren. Für die Folgejahre fehlen die Doku-mente vollständig, da viele Jahrzehnte später nach dem Tod eines Vereinsvorsitzenden die Hinterbliebenen die Unterlagen „entsorgt“ haben. Nur die Jahre 1958 bis 1961 sind wieder dokumentiert.

Man darf davon ausgehen, dass der Verein Hubertus besonders in den 20er Jahren vie-le regionale und überregionale Wettbewerbe ausgetragen hat und dass das gesell-schaftliche Leben dabei sicher nicht zu kurz kam.
Es ist weiter anzunehmen, dass 1933 in der damaligen politischen Situation der Verein Hubertus wie die anderen Schützenvereine gleichgeschaltet und politischen Einheiten angegliedert wurde. So steht es in der Chronik der Kgl. priv. Feuerschützengesellschaft „Der Bund“: „Das traditionelle Schießwesen kam gänzlich zum Erliegen.“

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2. Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg
Im Krieg wurde vieles zerstört, auch die Schießstätte des Vereins Hubertus in Unterdill. Nach dem Krieg wurden insbesondere auf dem Wurftaubengelände Granaten und Mu-nition gesprengt und es dauerte viele Jahre, bis man an den Wiederaufbau der Schieß-stätte herangehen konnte.
Wie einem Schreiben des damaligen Vereinsvorsitzenden Horst Kohl zu entnehmen ist, hat „der Verein Hubertus in den Jahren 1953 mit 57 die Schießstätte Unterdill unter großen Opfern wieder aufgebaut“. Beiträge und Spenden der Mitglieder in Form von Geld, Arbeitskraft, aber auch z. B. von Zement oder Aktionen wie „zeichnet Bausteine“ haben es möglich gemacht. Von der Staatsregierung und der Landeshauptstadt Mün-chen wurden Baukostenzuschüsse gewährt. Besonderes Gewicht erhielt damals auch die Wiedererrichtung der Skeetanlagen insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Deutsche Jagdschutzverband „das Skeet-Schießen neben dem allgemeinen Wurftau-benschießen als jagdliche Schießdisziplin mit aufgenommen hat, da gerade das Skeet-Schießen dem jagdlichen Schrotschießen am nächsten kommt.“
Auch „unsere amerikanischen Sportfreunde“ (so in der Spendenaktion „zeichnet Bau-steine“) haben tatkräftig beim Wiederaufbau mitgeholfen. Originaltext: „Respektable Erdbewegungen sind inzwischen durchgeführt – bitte überzeugen Sie sich selbst davon. Die hilfreichen amerikanischen Truppen sind allerdings in Auswirkung der Nahost-Krise verlegt worden.“
Am 12. Januar 1958 gab es eine „Einladung des „The Bavarian Rod & Gun Club“ zum 1. Deutsch-Amerikanischen Winterschießen in München-Unterdill (Schießstätte des Verein „Hubertus“)“.
Schießdisziplinen waren: stehend freihändig auf
laufenden Keiler
sitzender Fuchs
stehender Rehbock
Pistolenschießen
Wurftaubenschießen
Als Preis gab es Truthahn! Und in der Einladung war noch vermerkt: „Was die Frauen unserer Schützen sicherlich sehr freuen wird, kein Truthahn wiegt unter 10 Pfund.“

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3. Vereinsführung und weitere Entwicklung
Aus den folgenden Jahren sind kaum Aufzeichnungen vorhanden (siehe oben „Entsor-gung“ der Ordner). Jedenfalls hat der Verein mit seiner Schießstätte eine kontinuierliche Entwicklung genommen. Dies kommt auch zum Ausdruck in der Zahl der Vereinsvorsit-zenden. In den 90 Jahren der Vereinsgeschichte waren es nur 7 Vorsitzende.
1924 – 1955: Staatsrat Th. Mantel in den ersten Jahren, später W. Mantel
1956 – 1965: RA Horst Kohl
1965 – 1990: Dipl. Ing. Siegfried Moser
1990 – 2009: Dipl. Ing. Erich Kapfer
2009 – 2011: Ludwig Obermeier
2011 – heute: Robert Schmid

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Sie alle haben auf unterschiedliche Weise den Verein geprägt: durch harte Aufbauar-beit, durch geselliges Vereinsleben, durch eisernes Sparen im Hinblick auf Renovie-rungs- und Modernisierungsanforderungen, durch persönlichen unermüdlichen und auf-opferungsvollen Einsatz im Kampf um den Erhalt des Schießstands und durch die Be-geisterungsfähigkeit und ausgleichende Art, die dem Verein und der Atmosphäre in der Schießstätte spürbar gut tun.

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Die Zahl der Vereinsmitglieder (Jäger und Schützen) ist gerade in den letzten Jahren angestiegen auf ca. 300. Erfreulich ist vor allem, dass unter den Neuzugängen viele Junge sind. Nicht zuletzt trägt dazu bei, dass die Jungjägerausbildung bei „Hubertus“ besonders praxisnah und in einem traditionsreichen Ambiente stattfindet. Seit ca. 65 Jahren bildet der Verein Jungjäger aus und hat hierfür nicht nur die Räumlichkeiten der Schießstätte Unterdill, sondern auch ein nahe gelegenes Lehrrevier. In früheren Jahren, als das Jagdkursangebot generell noch recht dünn war, waren es pro Kurs stets ca. 50 Teilneh-mer. Heute können die ange-henden Jungjäger bei einer Teilnehmer-zahl um die 15 auf eine sehr individuelle und för-dernde Ausbildung vertrauen – ein Verdienst des Jagdkurs-leiters Christian Lettieri, der (fast) alles kann und auch weiß und vor allem, es zu vermitteln weiß.

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Seit 2008 finden 4 Mal jährlich offizielle Jagdprü-fungen der Regierung von Oberbayern in Waffen-handhabung und im Schießen auf der Schießstätte in Unterdill statt. Im Vorfeld kommen häufig und oft recht zahlreich andere Jagdscheinanwärter, die immer willkommen sind und nach Bedarf „gehudert“ werden! Für die Schützenausbildung werden separate Sachkundelehrgänge und -prüfungen von Robert Schmid, dem 1. Vorsitzenden, und Christian Lettieri durchgeführt.
Zur traditionsreichen Jagd gehört auch das Jagdhornblasen. In den 80er Jahren hat Otto Seidl, damals Mitglied des Vereins Hubertus, heute Gildemeister der Waidmannsgilde, mit großem Erfolg eine Jagdhornbläsergruppe aufgebaut. Bei offiziellen Bläserwettbewerben in München und Weißenburg wurde Silber und Bronze geholt. Das 10jährige Bestehen der Jagdhornbläser Hubertus wurde in Unterdill zusammen mit den Jagdhornbläsern der ande-ren Münchener Kreisgruppen gefeiert. Circa 100 Jagdhornbläser haben gemeinsam zum Jubiläum geblasen. In den 90er Jahren kam dieser Sektor leider zum Erliegen. Aktuell wird unter der Leitung von Carl Demharter, 2. Vereinsvorsitzender, wieder eine Bläsergruppe aufgebaut. Und wer abends am Schießstand vorbeigeht, kann schon das eine oder andere Signal hören – oder auch mal recht schräge Töne ….

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4. Sitz des Vereins
Der Sitz des Vereins Hubertus ist am Rand des Forstenrieder Parks idyllisch gelegen. Vor dem Haus steht standesgemäß ein Bronzehirsch.
Der linke Teil des Hauses wird seit Jahrzehnten als Gasthaus bewirtschaftet. Über die Jahre war hier „eu-ropäische Küche“ vertreten: von italienisch/ südtirole-rischer Küche über bayerische/ einheimische Küche bis zur griechischen Küche heute.

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In diesem Teil des Hauses befindet sich auch der unter Denkmalschutz stehende große dunkel holzgetäfelte Festsaal von „Hubertus“ mit historischen Gemälden zur Jagd.

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Im rechten Flügel des Gebäudes befindet sich die beeindruckende alte Schießhalle mit den sich anschließenden Schießbahnen. Zahlreiche Ehrenscheiben aus vielen Jahr-zehnten, Jagdtrophäen und altes Mobiliar zeugen von alter Schießstandtradition.

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5. Schießstätte – Wettkämpfe
Die Schießstätte verfügt heute über 9 100-m-Kugelstände, 3 Kurzwaffenstände auf 25 m, 1 lfd. Keiler-Stand auf 60 m sowie die Trap- und Skeetanlage. Neben dem regelmäßigen Schießbetrieb zweimal wöchentlich finden traditionell verschie-dene Wettkämp-fe statt. Insbeson-dere sind dies die Oberbayerischen Meisterschaften im jagd-lichen Schießen und das Münchener Jägerschießen, Vereinsmeisterschaften des Ver-eins Hubertus sowie anderer Münchener Kreisgruppen; ausgeschossen werden BJV-Auszeichnungen wie Langwaffen- und Keilernadel sowie Kurzwaffennadel für Jäger.

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Ein besonderes Ereignis für die Mitglieder des Vereins Hubertus ist das alljährliche Wildbret-schießen um die Weihnachtszeit. Geschossen wird auf die Reh-bockscheibe 2 x 5 Schuss 100 m stehend freihändig. Als Preis gibt es Wildbret vom Hirsch, das bei der Weihnachtsfeier verteilt wird.

Die vielbesuchte Weihnachtsfeier zeichnet sich aber nicht nur durch das „erschossene“ Wildbret und die bayerische Stubenmusi aus, sondern ganz besonders auch durch die köstlichen selbstgebackenen Weihnachtsplätzerl von Frau Schmid, der Ehefrau des 1. Vorsitzenden Robert Schmid.

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6. Maßnahmen zum Erhalt der Schießstätte
Die Schießstätte in Unterdill ist gerade für Münchener Jäger und Sportschützen, aber auch für das Umland in seiner Art einmalig und sein Erhalt daher notwendig. Der Ablauf der Pachtzeit, Renovierungsnotwendigkeiten und Sicherheits- sowie Lärmschutzmaß-nahmen haben in den letzten Jahren umfangreiche Planungen, Bohrungen, Messun-gen, Gutachten und Auseinandersetzungen mit sich gebracht. Das hat dem Verein viel Geld gekostet und allen Beteiligten viel Nerven. Inzwischen ist das Vorhaben, für Mün-chen und das Umland, für Jäger und Schützen die traditionsreiche Schieß-stätte des Vereins Hubertus in Un-terdill zu er-halten, in ruhigeres Fahr-wasser ge-kommen. Mit den Bayeri-schen Staats-forsten konnte nach 2 Jahren Ver-handlungen im Jahr 2013 ein neuer Pachtvertrag über 35 Jah-re abge-schlossen werden.
Die Pläne für das Investitionsvorhaben des Vereins Hubertus für den Erhalt der Schießstätte in Unterdill konnten im April 2014 mit dem Bezirksausschuss Forstenried und dem Landratsamt München einvernehmlich besprochen werden und sie werden dementsprechend im Mai der Genehmigungsbe-hörde vorgelegt.

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7. Der Verein und das Leben in seiner Schießstätte
Der Verein Hubertus sieht sich nicht nur als „Verein für Jagd- und Sportschießen“, son-dern auch als aktives Mitglied der ARGE Jagd (Münchener Kreisgruppen des Bayeri-schen Landesjagdverbands) und der ARGE Forstenried (Vereine). Auf dem Schieß-stand können auch Nichtmitglieder des Vereins Hubertus schießen, sofern sie im Sinne des Gesetzes berechtigt sind.
Der Verein Hubertus hat heute ca. 300 Mitglieder. Wie in jedem Verein sind die Mitglie-der unterschiedlich aktiv und wie überall gab es Hochs und Tiefs im Vereinsleben. In den letzten Jahren herrscht zunehmend Hochdrucklage.

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Blickt man 90 Jahre zurück, so stellt man bei den Mitgliedern einen wesentlichen Unter-schied fest: Damals lauter Herren „aus den besseren Kreisen“, heute ein Querschnitt durch die Bevölkerung, sowohl was Beruf, Alter oder Geschlecht betrifft.
Und es menschelt in der Schießhalle:

  • da ist der liebenswürdige alte Doktor, der seinen Schützenstand vorbildlich hinterlässt
  • da ist der G’schlamperte, dem man zum x-ten Mal sagen muss, dass die Schießscheibe abzukleben ist
  • da ist die Wettkampfschützin, die auch überregionale Preise gewinnt
  • da ist der Angeber, der dem Jagdbekleidungskatalog entsprungen ist
  • da ist der Bescheidene, der Besserwisser, der „Maustodschmatzer“, der Hilfsbereite
  • da sind die Wind und Wetter trotzenden, in jeder Hinsicht standfesten Herren über die Wurftauben
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  • da sind die Jungen, die sich detailverliebt mit ihren Waffen an Schusspräzision übertref-fen wollen
  • da ist das junge Mäd-chen, das früher mit Patronenhül-sen Skulpturen gebaut hat und heute Wildportraits zeich-net
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  • da ist das Faktotum, das immer grantelt und doch jedem hilft
  • da sind die liebenswürdig- strengen Schießaufsichten (z. B. gibt es am Dienstag selbstgebackene Plätzchen – aber ohne Berechtigungsnachweis geht gar nichts und auf ein „ordentliches“ Schießverhalten wir genau geachtet …)

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Kurz und gut: der Verein Hubertus lebt!

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